Matchbälle bleiben ungenutzt – 22:22

Gommern und Biederitz liefern sich in der randvollen Eintracht-Sporthalle einen wahren Handballkrimi im Oberliga-Derby. Nur ein Sieger findet sich  beim 22:22 (14:13)-Remis nicht.

Drinnen flogen die Bälle bei der Erwärmung beider Teams durch die Luft. Bässe wummerten durch die Halle, in der bereits 20 Minuten vor dem Anwurf die Stehplätze rar wurden. Draußen vor der Heimstätte des SV Eintracht schritt derweil eine einsame Gestalt den Verbindungsweg zwischen Sportforum und Magdeburger Straße ab. Oliver Schulke hat am frühen Sonntagabend das gegenteilige Ritual zum Sich-auf-Betriebstemperatur-Bringen gesucht. „Spazierengehen macht den Kopf frei“, sagte Gommerns Coach begleitet von einem verlegenen Lächeln. 

Knapp zwei Stunden später hätte sich auch sein Schützling Philipp Wolter nicht nur mehr Platz im Kopf, sondern auch in seiner handballerischen Komfortzone auf Rechtsaußen gewünscht. Nachdem Wolter eineinhalb Minuten zuvor den 22:22-Ausgleich im Oberliga-Derby gegen Biederitz erzielt hatte, landete der Ball bei noch sieben Sekunden Spielzeit wieder in seinen Händen. Der Winkel war für einen Rechtshänder nicht gerade günstig, der Weg entlang der Sechs-Meter-Linie nach innen aber zugestellt und so schnappte die Biederitzer Wurffalle zu. Der Fehlschuss besiegelte die Punkteteilung. Oder?

Nicht ganz. Denn nach einer letzten Auszeit ergaben sich auch für die Gäste noch fünf Sekunden für einen möglichen Matchwinner-Wurf. „Schade, dass wir auf die verkehrte Seite gespielt haben“, sah Eiche-Trainer Peter Pysall, wie auch sein Rechtsaußen Philip Wohl halb am Nullwinkel, halb an Eintracht-Schlussmann Jonas Wucherpfennig scheiterte. „Auswärts als Aufsteiger bei einem etablierten Oberligisten ist das für uns trotzdem ein Punktgewinn“, trauerte der Gästecoach dem Sieg nicht nach.

Auch die Gegenseite hatte mit dem dritten Unentschieden der Saison schnell Frieden geschlossen. Denn freilich hätte der Ballbesitz aus Eintracht-Sicht am Schluss unter keinen Umständen noch einmal wechseln dürfen. Schulke setzte bei der Ursachenforschung aber weitaus früher an: „Vorn leisten wir uns zu viele Fehlwürfe, allein zehn in der ersten Hälfte. Kompliment aber auch an den Biederitzer Torhüter.“ Besagter Max Wetzel nahm den Gastgebern so auch zwei der ersten drei Würfe ab und sorgte emotional spätestens nach einem Kopftreffer, der Maurice Prokop eine Zwei-Minuten-Strafe einbrachte (9.), für einen gewaltigen Schub.

Apropos Emotionen: 330 Besucher, davon geschätzt die Hälfte aus Biederitz, sorgten für das erhoffte Highlight der Hinrunde. „Ein Dank an alle Zuschauer, die dem Derby einen würdigen Rahmen gegeben haben“, gaben beide Seiten im identischen Wortlaut zu Protokoll. Und zumindest in Sachen Spannung wurde die Partie den Erwartungen gerecht. Ob beim Gommeraner 7:5 (13.) oder dem Biederitzer 19:17 (42.) – auf mehr als zwei Treffer konnte sich kein Team absetzen. Was nicht zuletzt beiden Abwehrreihen ein gutes Zeugnis ausstellte.

„Offensiv hat uns vor allem in der zweiten Halbzeit ein bisschen Struktur gefehlt. An einem Tag, an dem die Dinge nicht von allein laufen, müssen wir mit mehr Ruhe agieren und auch mal einen Gang herunterschalten“, erklärte Schulke. Die Gegenseite hatte dann einerseits mit dem Gommeraner Torhüterwechsel von Tom Smoger zu Wucherpfennig und seinen zwölf Paraden im Spiel deutlich mehr Schwierigkeiten, wie Pysall bekannte: „Angesichts von 52 Prozent Angriffseffektivität hat uns etwas die Durchschlagskraft gefehlt. Ein paar Abschlüsse waren zu früh und überhastet.“ Andererseits mussten die Gäste im zweiten Abschnitt zu Lasten des Tempos auch häufige Unterzahlsituationen nach nicht immer nachvollziehbaren Zeitstrafen kompensieren – und beeindruckten dabei auch den Gegner: „Hut ab vor dieser jungen Mannschaft. Den Biederitzern wäre es auch egal gewesen, wenn sie 15 Mal ins Zeitspiel geraten wären, weil sie meist immer eine Lösung gefunden haben.“ Bis zum Rückspiel Ende März bleiben dem SV Eintracht und SV Eiche 05 nun fast fünf Monate, um sich auch ein Patentrezept für den möglicherweise entscheidenden letzten Angriff zurechtzulegen.

Gommern: Smoger, Jo. Wucherpfennig – Kämpf (1), Petzold, Koine, Hieber, Leine (3/1), Prokop (2), De Vries (2), Wolter (2), Straske, Mehr (4), Ahrens, Schipper (3), Ja. Wucherpfennig (3), Jassmann (2)

Biederitz: Nafe, Gronemeier, Wetzel – Urban (1), Thielecke (4), Daßler (8/1), Kinast (1), Hesse (2), Stähr (2), Beres (1), Held, Schneider, Wohl (3), Elgharbawy, Hammecke, Eix

Siebenmeter: Eintracht 2/1 – Eiche 1/1; Zeitstrafen: Eintracht 2 – Eiche 6

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